Aktuelles aus der Presse
Wir informieren Sie hier über aktuelle Themen und Aktionen über die in der Presse berichtet wurde:
Streng mit uns selbst sein
Das erste, was ich morgens nach dem Aufwachen sehe, ist ein blühender Obstbaum. Darüber spannt sich ein italienurlaubblauer Himmel. Es ist ein Privileg, so den Tag beginnen zu können. Es ist ein Idyll, in das man hineinwandern möchte. Mir kommt ein Satz von Rainer Maria Rilke, einem meiner Lieblingslyriker, in den Sinn: „Ein atemlos trinkender Frühling taumelt geblendet ins Grün“.
Ich wandere jedoch nicht in den an sich selbst berauschenden Frühling hinein, sondern fahre nach Schwäbisch Hall zum Corona-Pressegespräch. Zur gleichen Zeit spricht Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung von „harten Einschränkungen“, ernsten Zeiten“ und „dramatischer Krise“. Sie warnt eindringlich vor zu schnellen und zu weitgehenden Lockerungen, sieht uns „auf dünnstem Eis“. Und sagt das, was wir alle fühlen: „Diese Pandemie ist eine Zumutung.“
In Schwäbisch Hall mahnt Dr. Pascale Welisch, die Leiterin des Gesundheitsamtes, an diesem Vormittag ebenfalls zu Behutsamkeit und Geduld. Auch im Kreis hat sich die Lage entspannt, berichtet Landrat Gerhard Bauer. Die Zahl der Corona-Erkrankten mit schweren Verläufen nimmt ab, im Kreisklinikum in Crailsheim liegt kein Corona-Patient mehr auf der Intensivstation. Auch die Lage in den Alten- und Pflegeheimen ist stabil.
Trotzdem stehen wir immer noch am Anfang der Pandemie, müssen wir mehr und mehr die Erkenntnis aushalten, dass wir noch lange mit diesem Virus leben müssen. Wie soll das gehen? Wie sollen wir dieser Corona-Zumutung über viele Monate hinweg standhalten? Die Kanzlerin hat gestern die Antwort gegeben – eine ehrliche, eine ungemütliche. Wir müssen streng zu uns selbst sein, hat sie gesagt. Merkel setzt auf Disziplin und Geduld. Sie ist eine unbequeme Kanzlerin, aber wichtiger denn je für dieses Land. Weil sie sagt, was Sache ist, was getan werden muss, und was nicht geht.
Sie hat sich selbst in die Pflicht genommen, hat die Bedeutung des öffentlichen Gesundheitsdienstes unterstrichen. Hat eingeräumt, dass wir die annähernd 400 Gesundheitsämter in der Republik „in stärkerer Verfassung brauchen“. Auch in Hall sind nicht alle Stellen besetzt. Landrat Bauer will fünf zusätzliche Ärzte.
Das ist wichtig für uns Bürgerinnen und Bürger: zu wissen, dass der Staat das Seine tut. Dann schaffen wir das auch mit der Selbstdisziplin.
HOHENLOHER TAGBLA/ 25.04.2020
Foto: hota